Naschen erlaubt

Catering company event young colleagues eatAm 20. Oktober 2012 wurde bei der Jahreshauptversammlung der Deutschen Knigge Gesellschaft e. V. eine alte Knigge-Regel gekippt. Naschen ist von nun an erlaubt. Hauptinitiator war damals ich und mein Vorschlag erhielt große Zustimmung. In diesem Blog möchte ich mein Anliegen und meine Beweggründe zusammenfassen.

Die Tischetikette umfasst zwei große unterschiedliche Bereiche. Einmal das gemeinsame Essen zuhause in der Familie und mit Freunden sowie das Essen in der Öffentlichkeit, beispielsweise im Restaurant.

Das private Essen wird leider ein wenig unterschätzt. Hier gelten besonders viele Regeln, die mit einem Restaurantbesuch nichts gemeinsam haben. Aber probieren oder eben nur naschen ist hier völlig unproblematisch, weil sich jeder seinen Teller selbst belegt. Keiner schaut deswegen neidisch auf die Speisen des anderen die er gerne probieren möchte. Im Restaurant jedoch werden nun seit Jahrzehnten die Teller in der Küche perfekt angerichtet und dem Gast serviert. Es ist natürlich verpönt, dem anderen mit seiner Gabel auf dem Teller zu stochern oder die Teller bei Halbzeit zu tauschen.

Früher bekam man üblicherweise auch im Restaurant Nachschlag. Die Speisen wurden auf Platten und Schüsseln auf einen Beistelltisch warmgehalten und man konnte sich etwas nachreichen lassen. Das geschah immer von der linken Seite und nicht wie sonst von rechts. Sicherlich spielen die hohen Personalkosten eine Rolle, dass diese Form des Servierens nur noch in der gehobenen Form der Gastronomie praktiziert wird.

Oder gibt es Ausnahmen? Südeuropäer, Asiaten, Südamerikaner und einige andere Kulturen lassen sich den Spaß beim Essen nicht nehmen. Sie stellen einfach die Vorspeisenplatten oder die Beilagen, auch im Restaurant, auf den Tisch und jeder kann sich selbst nehmen, probieren und naschen nach Lust und Appetit. Die Kommunikation bei Tisch funktioniert einwandfrei, weil man sich ständig etwas reichen lässt oder schaut, dass die anderen von allem haben und keiner zu kurz kommt. Das macht richtig Spaß. Man kann sich entspannen und das gemeinsame Essen fast ein wenig ausgelassen genießen.

Haben diese Kulturen etwa weniger Benimm als wir? Ganz sicher nicht! Wir sollten uns vielmehr etwas von Ihnen abschauen. Hier sind die Gastonomen gefragt. Sie kennen sicherlich den Piratenteller oder die nette Geste, wenn Sie ein Tiramisu bestellen und mehrere Gabeln dazu serviert bekommen. So kann jeder mitnaschen ohne gleich unangenehm aufzufallen.

Ein paar Kommentare zu “Naschen erlaubt

  1. Christoph M. Gad

    Guten Abend,
    Wie bewerten Sie das Klapppern von Besteck auf dem Teller? Ist hier eher eine leise Benutzung des Besteckes zu bevorzugen?
    Herzlichen Dank für Ihre Antwort.
    Mit freundlichen Grüßen
    Christoph M. Gad

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    1. Vera Reich Autor des Beitrags

      Sehr geehrter Herr Gad,

      in kontinental Europa ist das Klappern mit dem Besteck unpassend, es wirkt ungeschickt.

      Doch in Großbritannien wird die Gabel mit den Zinken nach unten benutzt, alles auch die Beilagen werden aufgespießt. Die Gabel stößt jedesmal auf das Porzellan. Der Geräuschpegel erhöht sich dadurch enorm.

      Wir spießen nur Fleisch auf, die Beilagen werden mit dem Messer auf die Gabel geschoben, die Zinken zeigen dann nach oben. Dabei berührt man das andere Besteckteil und das Porzellan nicht.
      Beim ablegen des Bestecks, zum Beispiel beim Trinken, man im Gespräch ist oder man den Gang beendet, achten man darauf dies so leise wie möglich zu tun.

      Ihnen ein schönes Wochenende und beste Grüße aus München

      Vera Reich

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