Das Etikett am Anzugärmel

Mann mit Anzug bei der AnprobeVor drei Jahrzehnten sah ich das letzte Mal jemanden in Gesellschaft, der wohl aus Unwissenheit das Firmenetikett am rechten Sakkoärmel nicht entfernt hat. Dieser Mann war der Clown der Gesellschaft, ohne es zu merken. Doch vom Hörensagen weiß ich, dass manchen Männern dieses Malheur auch heute noch passiert. Die Fragen, ob man es der Person mitteilt und wenn ja wie, möchte ich nächste Woche beantworten. Heute erkläre ich zunächst, warum das Etikett überhaupt existiert.

Das Etikett dient dazu, dass Verkäufer und Kunden die Marke der Anzüge sofort erkennen, ohne diese von der Stange nehmen zu müssen. Viele Herren bevorzugen bestimmte Designer oder suchen in einem bestimmten Preissegment. Die kleinen Etiketten erleichtern das Einkaufen enorm, sparen Zeit und schonen die Anzüge im Geschäft.

Gut geschulte und aufmerksame Verkäufer bieten den Kunden nach dem Kauf an, das Etikett zu entfernen und zusätzlich die lockeren Nähte der Taschen zu öffnen. Denn es erfordert ein wenig Fingerspitzengefühl, die dünnen Fäden zu entfernen, ohne das feine Tuch zu beschädigen. Geübte Personen benötigen dafür kein gefährliches Werkzeug, beispielsweise eine Nagelschere. Sie ziehen das richtige Ende des lockeren Fadens einfach mit zwei Fingern heraus.

Wenn Sie darauf bestehen, dass das Etikett vorerst nicht entfernt wird, obwohl Sie den Anzug im Laden anprobiert haben, machen Sie sich heutzutage verdächtig, die Ware nach dem einmaligen Tragen nach einem Event wieder ins Geschäft zurückbringen zu wollen. Dieses Verhalten ist das mit Abstand größte Problem des Einzelhandels und speziell des Onlinehandels. Die anfallenden Kosten werden übrigens auf alle Produkte umgelegt.

Der Einzelhandel versucht, dieser schlechten, aber leider zunehmenden Rückgabemoral entgegenzuwirken. Beispielsweise wird manches Kleidungsstück deutlich sichtbar mit einem Etikett versehen, das beim Anprobieren nicht stört, aber beim Tragen in der Öffentlichkeit peinlich ist. Sobald dieses Etikett mit „Einwegbefestigung“ abgenommen wurde, ist der Kunde zum Kauf verpflichtet. Solche Etiketten haben aber den unschönen Beigeschmack, dass das Kleidungsstück schon einmal von einem Fremden getragen worden ist. Schlechte Stimmung und belehrende Maßnahmen sind Gift für ein euphorisches Kaufgefühl.

Ein paar Kommentare zu “Das Etikett am Anzugärmel

  1. Christoph Schoepfer-Grosskurth

    Ich kenne Menschen, welche Dank der generösen Firmenvorschriften, selbst nach einem Jahr Klamotten wieder zurückbringen und dann ihr Geld wiederbekommen. Das passiert oft mit Kleinkindergaderobe. Target ist so ein Geschäft. Natürlich werden die Klamotten entweder gespendet, mit Steuererleichterung, aber auch vielleicht wieder zu Verkauf angeboten mit reduzierten Preis.

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